In einem (virtuellen) Meeting sollte somit nie eine Entscheidung getroffen werden, bevor es nicht mindestens eine Gegenmeinung gibt.
Das hat bereits der bekannte Management-Theoretiker und Philosoph Peter Drucker gesagt. Eine sehr gute Methode, die sich in der Praxis vielfach bewährte, ist die des Advocatus Diaboli, die der Moderator bereits in seinem Prozess einplant.
Advocatus Diaboli (lat. „Anwalt des Teufels“) ist ein alter lateinischer Ausdruck, der ursprünglich in der römisch-katholischen Kirche die Person bezeichnet, die im Verfahren der Selig- beziehungsweise Heiligsprechung Argumente gegen die besprochene Persönlichkeit zu sammeln und vorzutragen hatte. Der „Advocatus Angeli“, als Gegenposition, argumentierte für die Seligsprechung.
Im geschäftlichen Kontext ist das Ziel dieser Methode, einem vorschnellen Konsens der Gruppe entgegenzuwirken. Sie hilft, kognitive Verzerrungen, dysfunktionale Überzeugungen, sowie negative Glaubenssätze aufzudecken. Insbesondere bei Entscheidungen, die in Gruppen getroffen werden, kann es zu verschiedenen Gruppendynamiken kommen. So können sich beispielsweise dominantere oder hierarchisch höher gestellte Personen leichter durchsetzen, ohne unterschiedliche Alternativen zu prüfen. Ein anderes Phänomen ist ein Harmoniebedürfnis der Gruppe. Auf solcher Basis entstandener Konsens kann aber schädlich sein. Wenn jemand eine andere Meinung vertritt, wird oft als Querulant genannt. Damit solchen Situationen vorgebeugt werden kann, ist es sinnvoll, Advocatus Diaboli in Entscheidungsprozessen und auch bei der Lösungsfindung einzusetzen, denn sie hilft, die Ideen kontrovers zu betrachten.
Als Methode ist Advocatus Diaboli institutionalisierte Kritik.
Es ist also sinnvoll, wenn einige Teilnehmer bewusst die Rolle eines Advocatus Diaboli einnehmen und die Position der Gegenseite vertreten. Die gegnerische Seite versucht dann die Argumente zu widerlegen. Durch die intensive Beschäftigung mit den Gegenargumenten kommt es zur Blickerweiterung und Perspektivenwechsel. Entscheidungen können somit auf breiterer Basis besser durchdachten Argumenten getroffen werden, Vor- und Nachteile werden offen dargestellt. Die Übernahmen einer Rolle führt zur „gespielten“ Übernahme von bestimmter Position. Dadurch wird das Aussprechen von Gedanken, Argumenten, Optionen viel leichter. Ohne diese Rolle würden sich die Teilnehmer oft nicht trauen, dies auszusprechen oder diese Position zu vertreten.
In dem virtuellen Meeting sollten idealerweise zwei Teilnehmer diese Rolle bewusst übernehmen und Argumente oder Ideen entwickeln, die ganz bewusst die Gegenposition zu dem Gesagten darstellt. Es geht nicht darum, dass diese Teilnehmer diese Meinung selbst verinnerlichen, es geht vielmehr darum, dass verschiedene Perspektiven und Argumente entwickelt werden. Diese Methode eignet sich besonders gut zur Evaluierung von Ideen und zur Entscheidungsfindung.
Damit wird es möglich, die Problemstellung in einem Quasi-Rollenspiel intensiv, kontrovers und effizient zu beleuchten, ohne, dass sich die Teilnehmer persönlich berührt fühlen.
Die Teilnehmer können erstmal jeder für sich die möglichen Alternativen und Argumente für die Ihnen zugeordnete Rolle überlegen. Danach können in Kleingruppen, bestehend aus den Vertretern der jeweiligen Rollen, diese Ideen ausgetauscht werden. Erst danach kann im Plenum die „richtige“ Diskussion statt finden.
Insbesondere in virtuellen Meetings hat sich diese Methode bewährt, weil sie deutlich kürzer ist, als zähe Diskussionen, die in das persönliche abdriften können. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Methode anzuwenden. Zum Beispiel kann sie sehr gut in zwei Phasen verlaufen, zuerst als Gruppenarbeit erstmal in Break-out Räumen eingeleitet werden und anschließend mit einer für alle gleichzeitig bearbeitbarer Datei zusammengeführt und weiterentwickelt werden. Damit wird auch erreicht, dass sich die Teilnehmer mit dem Thema tiefgehend auseinandersetzen.
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